Hamburger Hafen - schon im Jahr 850 ein Umschlagplatz

Hammaburg: Sie befand sich nördlich des Kais.

Das Tor zur Welt ist eine 120 Meter lange, sechs Meter breite Anlegestelle aus Holz, Sand und Dung.

Von Josef Nyary

Feuer! Der Alarmruf läßt die Arbeit im Hafen schlagartig stocken. Rauch qualmt aus einem Getreidespeicher, Flammen schlagen durchs Dach. Von allen Seiten hasten Männer herbei, doch Gebäude und Vorräte sind nicht zu retten. Mit Mühe können die Helfer verhindern, das der Brand den gesamten Hafen in Schutt und Asche legt. Viel fehlt nicht: Im Jahr 850 ist Hamburgs Tor zur Welt eine nur 120 Meter lange und sechs Meter breite Anlegestelle aus Holz, Sand und Dung. Der primitive Kai liegt an einem sumpfigen Seitenarm der Bille, dort, wo heute Autos durch die Große und die Kleine Reichenstraße fahren. Und doch ist Hamburgs Hafen der größte zwischen Rhein und Rügen. An dem Flechtwerk zwischen den Pflöcken sind Handelskähne aus Friesland und Skandinavien vertäut. Sie bringen Honig, Wachs, Pelze, Pferde und Sklaven über die Ostsee, Waffen, Schmuck, Tonkannen, Wein, Mühlsteine aus Westdeutschland, Tuche und Leinen aus Flandern.

Textilien sind sehr begehrt: Obwohl die Wikinger fünf Jahre zuvor die Hammaburg ein paar Schritte nördlich des Hafens bis auf den Grund zerstörten, bleibt Hamburg eine christliche Stadt, es gibt Geistliche und eine neue, kleine Kirche - und jeder Heide, der sich taufen läßt, bekommt zum Lohn ein Leinenhemd.Die Hamburger handeln vor allem mit Korn, doch ist ihr Hafen schon damals vor allem ein Umschlagplatz: Auf dem Hügel über ihm führt die uralte Fernhandelsstraße von der Ost- zur Nordsee vorbei. Ein paar Meter hinter der Siedlung mit ihren kaum zweihundert Einwohnern rumpeln Ochsenkarren durch die Alsterfurt - dort, wo heute die Johannisstraße in den Großen Burstah übergeht. Hafen, Straße, Furt bilden einen Verkehrsknotenpunkt, auf dem Hamburg seine Zukunft baut. Töpfer, Weber, Tischler und Schmiede siedeln sich an, produzieren zunächst nur für die nähere Umgebung. Die nächsten Siedlungen, kleine Sachsendörfer mit Bauernfamilien, liegen in Bergedorf, Bergstedt, Duvenstedt, Eidelstedt, Eppendorf, Farmsen, Hamm, Mellingstedt, Othmarschen, Ottensen, Rellingen, Sasel, Schnelsen und Stellingen.

Der Hafen wird zielstrebig ausgebaut. Der Archäologe Reinhard Schindler, der dort in den 50er Jahren gräbt, findet "ein siebenfach hintereinander gestaffeltes, faschinenartiges Flechtwerk aus starken Pflöcken und Ruten". Die Zwischenräume sind mit organischem Material, Dung und Sand ausgefüttert, denn der Landeplatz diente auch als Damm. Beim Bau verliert ein Arbeiter das Messer, mit dem er Äste zuschnitt - zwölfhundert Jahre später birgt es Schindler aus dem Schlamm.

Die ältesten Spuren finden sich sieben Meter unter der Straße, der Meeresspiegel lag damals fünf oder mehr Meter unter heutigem Niveau. "Man wird die Frage aufwerfen müssen, warum sich die Hamburger seit der frühesten Zeit hartnäckig in dem gefährdeten Marschengebiet aufgehalten haben", schreibt Schindler in "Ausgrabungen in Alt-Hamburg". "Sie hätten auf der angrenzenden Geest genügend Platz gefunden, ihre Häuser und Höfe zu errichten, wobei ihnen unendlich viel Mühe, Entsagung und Schweiß erspart geblieben wäre. Aber es ist wohl ganz eindeutig, daß sie als Kaufleute und Seefahrer die unmittelbare Nähe des Wassers brauchten. Deshalb nahmen sie die Gefahren der Sturmflut in Kauf und behaupteten mit zäher Beharrlichkeit ihre Bauplätze." Und so behaupten sich Hamburg und sein Hafen bis heute, nun allerdings nicht mehr nur gegen die Naturgewalten, sondern auch gegen kurzsichtige Politiker und mißgünstige Konkurrenz.

erschienen am 14. September 2005 

Das waren noch Zeiten --- als man noch hemmungslos das ß benutzt hatte, auch nach kurzen Vokalen usw....

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